ebay - to be continued

Es ist Sonntag, der 7. März 2004. Habe gestern zwei wütende Anrufe von eBay Kunden bekommen. Wann ich endlich die Eastpack-Rucksäcke liefere, für die sie gezahlt hätten. Unter der E-Mail Adresse coorale@freemail-Anbieter.de würden Rucksäcke in verschiedenen Farben günstig versteigert. Ich versuche den Leuten klar zu machen, dass mir diese E-Mail Adresse nicht gehört. Und jemand meine Postadresse und meine Identität zu Betrugszwecken bei eBay missbraucht.

Leicht angenervt melde ich den Vorfall bei eBay. Prompt erhalte ich das mir schon bekannte Formblatt "Mitteilung über ein Problem mit dem Schutz von Mitgliedsdaten“ verbunden mit der Bitte: „Nennen Sie bei Ihren Anfragen auch immer Ihren Mitgliedsnamen, die der Beteiligten und die Artikelnummer, zu der Sie eine Frage haben. Fuer Ihre Bemuehungen bedanken wir uns recht herzlich. Mit freundlichen Gruessen, eBay-Sicherheit.“ 

Wie schön war es doch früher, zu Beginn des Internets, als man Irritationen problemlos mit Mailbomben ausräumen konnte. Heute ist man leider gezwungen, zivilisierten E-Mail Verkehr zu pflegen. Wo habe ich nur den verflixten E-Mail Schriftverkehr mit eBay vom vergangenen Jahr? 

Diesmal antwortet eBay prompt: „Hallo, vielen Dank fuer Ihre E-Mail. Wir werden das von Ihnen genannte Mitglied genau ueberpruefen und entsprechende Massnahmen ergreifen. Diese Massnahmen koennen aus einem freundlichen Hinweis (bei augenscheinlichen Missverstaendnissen) ueber eine Verwarnung bis hin zum Ausschluss vom Handel auf eBay bestehen, sind also fuer Aussenstehende nicht immer ersichtlich. Datenschutzrechtliche Bestimmungen verbieten uns, naehere Auskuenfte ueber das Ausmass der ergriffenen Massnahmen zu geben. Die Sicherheit und Verlaesslichkeit bei eBay nehmen wir sehr ernst. Daher ueberpruefen wir unsere Mitglieder regelmaessig und sehr genau. Wir danken Ihnen fuer Ihren Hinweis, weil dadurch Ihr Bemuehen, einen Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit und Transparenz bei eBay zu leisten, zum Ausdruck kommt und wuenschen Ihnen weiterhin viel Spass und Erfolg beim Handeln bei eBay. Mit freundlichen Gruessen, eBay-Sicherheit." 

Irgendwie fühle ich mich nicht so wirklich ernst genommen. Ich schreibe der eBay-Sicherheit, dass das ein Skandal ist und ich jetzt rechtliche Schritte einleite. 

eBay antwortet am nächsten Tag: „Sehr geehrte Frau … Bitte beachten Sie, dass beim Verkauf oder Kauf ueber das Internet Risiken bestehen, die in der Natur des Mediums liegen. Da die Identifizierung von Nutzern im Internet schwierig ist, kann eBay nicht zusichern, dass jeder Nutzer derjenige ist, fuer den er sich ausgibt. Mit freundlichen Gruessen eBay-Sicherheit." 

 Beruhigend zu wissen, dass eBay weiss, dass es Identitätsmissbrauch im Internet gibt. Nicht gut zu wissen, dass Identitätsmissbrauch bei eBay so easy funktioniert. Seit dem 5.November 2002 geht zwar jede Neuanmeldung bei eBay mit einer Überprüfung der persönlichen Angaben, wie Vor- und Nachnamen, Straße und Hausnummer, Postleitzahl und Ort sowie Geburtsdatum durch die SCHUFA einher. Die geben allerdings keine Auskunft über die Kreditwürdigkeit oder die finanzielle Situation des neuen Mitglieds, sondern bestätigen nur dessen Identität und die Adresse. 

Wo wohnt eigentlich Roland Koch? Wann der geboren ist und wo er wohnt steht ja im Internet. Und kreditwürdig dürfte der ja wohl noch sein, oder? Ich träume von 100.000 Ostereiern, die bei eBay seiner harren. Ich geh den Weg, der mir am sinnvollsten erscheint und erstatte am nächsten Morgen Anzeige bei der Kripo Frankfurt, Abt. Wirtschaftskriminalität. Wer hätte je geahnt, dass wir mal dicke Freunde werden.

Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass am 12. Februar 2004 das Amtsgericht Potsdam unter dem Aktenzeichen 22 C 70/04 in einem ähnlichen Fall eine einstweilige Verfügung gegen eBay erlassen hatte. Darin wurde dem Auktionshaus unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu Euro 250.000 oder ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung verboten, Teilnehmer unter der Identität des Antragstellers zum Handel auf der Internetplattform zu registrieren. 

 Am nächsten Sonntag, den 14. März, bekomme ich E-Post von eBay: „Hallo Frau … vielen Dank fuer Ihre E-Mail. Wie wir Ihnen bereits mitgeteilt haben, beachten Sie bitte, das bei der Nutzung des Internet Risiken bestehen, die in der Natur des Mediums liegen, solange persoenliche Daten oeffentlich zugaenglich sind (z.B. Telefonbuch). Die Sicherheit und Verlaesslichkeit bei eBay nehmen wir aber sehr ernst. Daher ueberpruefen wir unsere Mitglieder regelmaessig und sehr genau. Falls es notwendig sein sollte, dass bzgl. Ihres Anliegens polizeiliche Ermittlungen vorgenommen werden, wird eBay mit den Polizeibehoerden zusammenarbeiten und diese bei ihren Ermittlungen unterstuetzen. Wir werden gern und jederzeit auf Ihre Anfrage hin ueberpruefen, ob eine erneute Anmeldung mit Ihren Adressdaten erfolgt ist. Bitte haben Sie Verstaendnis dafuer, dass wir keine individuelle Rechtsberatung durchfuehren duerfen, da die gesetzlichen Bestimmungen dieses nicht gestatten. Dazu muessten Sie sich gegebenenfalls an einen Rechtsanwalt oder auch an eine Rechtsberatungsstelle wenden. Wir wuenschen Ihnen noch einen schoenen Sonntag. Mit freundlichen Gruessen eBay-Sicherheit.“ 

 Ich hab damals nen dicken Hals bekommen. Und das lag sicher nicht an der fetten Bronchitis, mit der ich mich seit einigen Tagen rumplagte. eBay ist ne echte Tralala-Truppe. 

Im Mai 2004 rief mich die Kripo Frankfurt an. Auf die Jungs ist echt voll Verlass. Der Typ, der freundlicherweise Rucksäcke für mich versteigert hat, wurde ermittelt. Da er in Bayern wohnt, wurde der Fall am 18. Mai 2004 an die Kripo Regensburg überwiesen. Damit, so dachte ich in meiner Naivität, hätte sich der Fall endgültig erledigt. Doch so einfach entkommt man eBay nicht.